Verhandlung - Romanauszüge

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Das Pflaster glänzte hellgrau gegen die Sonne, als Scheuerlein die Kreuzung von der Piloty - Straße zur Meuschel - Straße überquerte; nahezu unzerstört lagen beide Seiten dieser bürgerlichen Idylle. Wieso den Straßennamen keiner geändert hat, dachte er sich, der mußte doch eindeutig jüdisch sein? (Noch dazu, wo viele jüdische Bürger ihre Wohnungen hier lassen mußten, die letzten 44, Scheuerlein? Und hast Du mitgeholfen, die Steuermarken auf die Wohnungstüren zu kleben? Die vom Finanzamt hatten doch um Amtshilfe gebeten, es waren zu viele "Umsiedlungen" und "Wohnungsauflösungen" für die gewesen? Da waren doch diese Inventarlisten? Wer hat die denn kontrolliert? Versteigert hat das Finanzamt zugunsten der Staatskasse. Das war nicht meine Zuständigkeit. Aber, sag', wo blieb der Gewinn? Bestimmt auch bei den Nachbarn, die haben schon einen neuen Radio brauchen können. Oder Teppiche, das hab' ich gesehen, da war was los. Was dann keiner wollte, wurde eingelagert, bei Speditionen, das mußte doch auch bezahlt werden, bestimmt aus den Erlösen. Erlöse. Wie sich das schon anhört. Die Sachen gehörten anderen. Wie eben der Lilli Goldschmidt, geborene Kohnstamm. Übermorgen wäre ihr 53. Geburtstag gewesen. Aber daran kannst Du Dich sicher nicht erinnern. So eine Liste ist etwas Flüchtiges, wie das Leben. Am 24. März 1942 ging ihr Transport weg, nach Osten. Gewohnt hat sie in der Hausnummer 38, und zwar im dritten Stock. Frag' nicht mehr nach. Ich war im Dienst! Was hätte ich denn tun sollen? Ich habe doch nur die Wohnung versiegelt und die Inventarliste dem Finanzer gegeben. Der hat unten gewartet, arrogant. Und die von der GeStaPo haben sich die Hände ja gleich gar nicht schmutzig gemacht. Du sagst es, gibst Du es also zu? Warum nur ich? Frag' doch alle anderen! Das hat jeder gesehen hier in der Staße. Und die Kinder sind um den Lastwagen gestanden, haben gepfiffen. Ein Mädchen hat ein Lied gesungen, das war, wart' mal, das ... ich weiß es nicht mehr. Hast Du die Lilli Goldschmidt dann noch gesehen? Im Hausflur bei den Briefkästen stand sie, hat ihren Namen aus dem blechernen Kasten gemacht und das Bakelitschildchen in die Manteltasche gesteckt. Gesprochen hat sie nicht. Ich hatte auch nicht viel Zeit, wir mußten noch ... Ihr? ... zur Hausnummer 16. Ja, die vom Finanzamt und ich. Der Lastwagen fuhr so im Schrittempo mit. Die Kinder hinterher. Und in der Kaulbach - Straße? Holzer, Regina. Geboren 22. Januar 1910, wohnhaft Nummer 13. Aber nur bis 1938. Und am Kaulbach - Platz hielt der Wagen wieder. Bist Du gelaufen? Nein ich saß neben dem Fahrer, hätte ich denn bis zur Burgschmied - Straße 6 laufen sollen? Heidecker, Martha, geborene Kugler und ihr Ehemann, Sigmund. Was für ein schöner deutscher Name. Das ging so den ganzen Tag? Ja. Da hattest Du die Taschen sicher voll mit Siegelmarken? Die klebten schlecht, man nahm immer mehr mit, als man brauchen würde. Einmal mußte ich die Wohnungsinhaber bitten, mir ihren Alleskleber zu leihen, sie haben dann gesagt, den könne ich behalten. Da wo sie hin gingen, bräuchten sie den nicht mehr. Wie oft hast Du das gemacht? Ich weiß nicht mehr. Da war ja nicht nur ich. Schupo war auch eingesetzt! Hilft Dir das?)

Auf der Höhe der Kaulbach - Straße stand ein Schild auf dem Gehsteig, lud zu "Kesselfleisch" ein. Er änderte seine Richtung, bog in die Straße ostwärts ein. Mit ihrem Maßwerk an den hohen Fassaden zeigten die Häuser Reichtum und Nürnberger Tradition. In der Altstadt war so etwas zwar gute 500 Jahre älter gewesen, doch nicht mehr vorhanden, dachte Scheuerlein. Sogar Chörlein gab es aus Stein, er blickte nach oben. Auf dem Balkon des ersten Stockes der Nummer 34 lehnte ein Junge über die Brüstung, sah zu ihm herunter, winkte, seine Hand steckte im roten Ärmel eines Pullovers. Er winkte zurück, nickte dazu. "Mußt Du nicht in die Schule?" fragte er. "Nein, ich war schon am Vormittag. Die B - Klassen haben am Nachmittag. Wir haben frei!" "Na dann geht's Dir ja gut! Vergiß' aber Deine Hausaufgabe nicht!" Scheuerlein grinste dazu. "Nee, mach' ich schon. Hat Mama auch gesagt!" Der Junge hatte dazu sein Gesicht gespielt verzogen, maulte leise noch etwas hinterher, was dessen Gegenüber nicht verstand. "Also gut! Ich wünsch' Dir was. Wiedersehen!" "Wiedersehen!" kam es von oben.

Das oberste Stockwerk des Hauses fehlte, erkannte Scheuerlein, als er vom Balkon nach oben sah. Er strich dabei mit seinen Augen die Dachkanten der Straße entlang, wandte sich noch einmal dem Jungen zu. "Sag' mal, regnet es bei Euch nicht rein?" "Nein, wir haben Dachpappe bekommen, schon letzten Sommer. Dabei hab' ich ein Glück, wir sind schon vor drei Jahren in den ersten Stock gezogen, die Wohnung war frei. Und das Treppenhaus endet jetzt halt im vierten Stock. Spiele ich halt am Balkon." "Wie bei mir daheim, also!" Scheuerlein ließ offen, ob er auch auf dem Balkon spielte und wandte sich zum Gehen, der Metzgerei fünf Häuser weiter entgegen. Zwischen den Fugen der roten Steine des Gehwegpflasters wuchs zart Moos, er versuchte, nur jede dritte Reihe mit seinen Schritten zu treffen, das brächte Glück, hatte er als Kind schon gedacht. Irgendwie stimmte das ja auch, bestätigte er sich, als er die Griffstange der Türe zur Metzgerei Küflein nach innen aufdrücken wollte. Sie regte sich keinen Millimeter. Scheuerlein stüzte seine Stirn an die klare Glasscheibe der Türe, legte die Hände um den Kopf, wollte seitliches Licht abhalten und ohne Spiegelung in den Verkaufsraum blicken. Die Kühltheke war ausgeräumt, auch an den silbrigen Fleischerhaken hinter dieser hingen keine Würste, alles glänzte sauber und leer. Er schielte auf ein Stück Pappe an der Theke. "Abgabe von Fleischwaren nur gegen Marken!" Soweit erschien ihm das normal. Warum hatte der Laden dann nicht offen? Scheuerlein klopfte an die Scheibe, wartete, nichts rührte sich. Mit beiden Händen drückte er sich von der Türe ab, sah links in das Schaufenster der Metzgerei. Dort hing ein zweites Pappstück, gab Auskunft: "Wegen Erschöpfung des Kontingentes heute nur Verkauf bis zwölf Uhr!" Enttäuscht setzte er seinen Weg fort, bog in die Kreling - Straße ab. Das hohe Dach der Oberfinanzdirektion erschien unbeschädigt, überragte alle anderen Gebäude, im Keller müßten viele Akten liegen, dachte Scheuerlein, auch von ihm unterzeichnete. (Was glaubst Du, wenn da jemand einmal zurückkommt, von denen, die nach dem Osten fahren mußten, werden dann die Akten geöffnet und die Inventarlisten durchgesehen? Die Käufer von all den Sachen sind doch auch vermerkt, oder? Wer wird dann bezahlen müssen, der Staat oder die Nachbarn, die das Radio oder den Teppich so günstig erwerben haben können? Beide, bestimmt. Wenn da noch jemand kommt. Und Du, bist Du haftbar, Scheuerlein? Nein. Da gibt es doch die Amtshaftung, ich bin da nicht ... Gibt es da eine Frage dafür bei den 131 oder bist Du da auch nicht ... ? Nein.) An jeder Ecke des Gebäudes wehten amerikanische Fahnen bis hinunter in den ersten Stock, gehalten von weißen Fahnenmasten, die aus dem Dach ragten. Ob das noch dieselben waren, überlegte er.

In der Schweppermann - Straße bot sich das gleiche Bild, oft fehlten die Mansarden mit den Dachstühlen, trotzdem bewahrten die schönen Häuser ihren Stolz. Scheuerlein wollte noch bis zum Schiller - Platz gehen und dann umdrehen, wenn er den Obermeister König nicht fände, er mußte auch an seine Schuhsohlen denken. Jedem Mann ein Ei, dem braven Schweppermann gleich zwei, dachte er, würde auch gut zu den erstandenen Kartoffeln passen. Aber der Hunger ließ sich dadurch nicht vertreiben, höchsten anregen. Mißmutig jetzt setzte Scheuerlein seine Schritte, achtete auch nicht auf das Pfeifen einer Amsel irgendwo in den Bäumen beidseits der Straße, die mit ihren Kronen die Häuser zu verstecken begannen. An der Kreuzung zur Friedrich - Straße stand ein grüner Ziehbrunnen, an diesem mühte sich eine Frau mittleren Alters, Wasser zu pumpen. Unter ihrem grauen Kopftuch zeigte ihr Gesicht Anspannung, eher Unwillen. Den weißen Emailleeimer hatte sie unter die Öffnung des Brunnens gehängt, er schepperte. "Kein Wasser?" fragte Scheuerlein über die Schulter. "Sperre. Mir langt's bald! Wahrscheinlich flicken's wieder Leitungen am Hindenburg - Platz, aber das hilft mir wenig. Ich muß jetzt kochen, nicht erst um sechs. Dann hab' ich Spätschicht, und die Kinder sollen sich's aufwärmen. Und aus dem Sch... -ding hier kommt nix!" Dabei drückte sie den Schwengel weiter kräftig nach unten, nur ein leises Gurgeln ließ sich vernehmen. "Warten's, ich helf!"

Er nahm der Frau den Pumpenschwengel aus der Hand und begann zu arbeiten, brauchte auch nicht lange, bis sich mit gelblich schäumenden Wasser der Eimer füllte. "Und das da wollen's zum Kochen nehmen? Also ich weiß nicht ..." "Was bleibt mir? Soll ich Mineralwasser in Flaschen kaufen? Wo, bitte? Unsere lieben Besatzer haben ja schon letztes Jahr, noch im April, stellen Sie sich das bitte vor, die haben wirklich keine Sorgen, die Abfüllanlagen der Fränkischen beschlagnahmt, in der Äußeren - Rollner. Und außerdem, wer soll das bitte zahlen? Ich schaff' ja kaum die Miete. Mein Mann ist noch nicht daheim, geschrieben hat er. Aus Workuta. Wo immer das ist."
"Welcher ‚Fränkischen'?"
"Na, der Getränke - Industrie GmbH, da darf ich Flaschen spülen. Exklusiv für die Amis. Trinken dürfen wir nichts davon. Das ist Befreiung, gell? Frei von Wünschen sollst Du sein ... aber dieses braune Gesöff, was die da machen, müssen, ich hab' das ja mal probiert, schmeckt grausam, sag' ich Ihnen, wie schlechter Hustensaft. Primitiv. Aber die sind so. Keinen ganzen Satz bringen die raus, auch immer nur so Brocken., am Schluß dann ein ‚OKOKOK'. Und vorher hat man da so eine gute Waldmeisterbrause gemacht. Und Mineralwasser. Alles, was noch geht, nehmen sich die Brüder. Aber danke für den Eimer. Ich werd' des Wasser gscheit kochen, dann geht's schon." Mit diesen Worten nahm sie den Eimer vom Haken, und ohne einen weiteren Ton entfernte sich die Frau eilig hinüber zum Koberger - Platz.
Scheuerlein sah ihr nach. "Gern geschehen!" rief er hinterher.
"Sie sind ja ein Menschenfreund! Das sieht man gerne, wenn man sich so hilft in der Gemeinschaft, nicht war?"
Ob das jetzt ironisch gemeint war, konnte Scheuerlein nicht einschätzen, der Ton jedenfalls ließ es ahnen, noch mehr, als er in das Gesicht des Mannes sah, der zum Schutz vor der langsam tiefer stehenden Sonne die Schirmmütze weit nach unten in die Stirn gezogen hatte. Deren Schild glänzte schwarz.
"Sie haben wohl viel Zeit? Oder treiben Sie sich bloß so herum? Darf ich einmal Ihren Ausweis sehen?"
"Gerne, Moment!" Scheuerlein faßte in die linke Reverstasche seines Mantels, kramte mit den Fingerspitzen.
"Wird's bald? Ich hab' nicht ewig Zeit! Meine Runde wartet! Ich muß Sie mitnehmen, wenn Sie sich nicht ausweisen können, vor morgen Früh wird das dann nichts mehr mit dem Rumtreiben, Sie Samariter! Was suchen Sie denn in der Gegend? Den Menschenfreund spielen, wahrscheinlich wollen Sie bloß jemand über's Ohr hauen, schauen Sie sich doch einmal an! Und solche wie Sie, die hab' ich schon immer gern gehabt! Halbseiden sag' ich da bloß. Machen's zu! Sie sollen gehorchen!"
Zwischen Daumen und Zeigefinger geklemmt zog Scheuerlein seinen Dienstausweis aus dem Mantel, hielt das Papier direkt und mit Schwung vor das Gesicht des Schupos. "Hier! Mein Ausweis. Reicht das? Und bitte, halten Sie etwas Abstand zu mir. Ich vertrag' diesen Naphtalingeruch so schlecht. Kommt der aus Ihrer Uniform, Herr Schutzpolizist? Ihr Name?"
"Polizeiobermeister König. Entschuldigen Sie bitte!" Er salutierte, stand stramm, eher wie ein Abbild eines Schutzmannes, fand Scheuerlein.
"Sind Sie immer so besonders nett zu den Bürgern? Also, wissen Sie? Stellen wir uns einmal vor, ich wäre wirklich nur ein normaler Passant hier. Was veranlaßt Sie, den Mann derart scharf zu kontrollieren. Und so unverschämt!"
"Verzeihen Sie bitte nochmal. Aber hier draußen muß man schon Wille zur Ordnung zeigen, nicht wahr?" fügte er wie zur Besänftigung noch an.
"Ja, sicher, hier in der Nordstadt, da gibt es so ein Gesindel - und geplündert wird den ganzen Tag. Ich habe erst vorhin eine ganz leere Metzgerei gesehen. Ich möchte wissen, wer die so ausgeraubt hat? Und ganze Dachstühle tragen die Leute hier weg. Mit dem Kinderwagen oder in der Einkaufstasche. Aber schön. Sie habe ich gesucht, wir müßten mal ein Gespräch führen. Das können wir natürlich auch bei mir bei der kriminalpolizeilichen Abteilung. Wenn Ihnen das lieber ist? Oder machen Sie kurz Pause bei der Verfolgung der flüchtigen Schwerverbrecher in der Schweppermann - Straße. Gehen wir ein Stück?"
"Sie suchten mich? Was kann denn anliegen?" Königs Ton in der Stimme war merklich vorsichtiger geworden, brüchig.
"Lieber Polizeiobermeister König, Sie haben da im Januar Unterstützung geleistet bei der Befragung von Zeugen in der Lindengasse 16. Tötungsdelikt an einem gewissen Meinlein, Hans. Da fiel mir auf, daß Sie zwar schon die Aussagen korrekt aufnehmen, das paßt schon so, aber ich sehe in den ganzen Protokollen nie die Fragen von Ihnen. Warum haben Sie die denn nicht auch notiert?"
"Habe ich nicht? Warten's, wie war das?" Er machte eine künstliche Pause, Scheuerlein trat nach einem Steinbrocken, der auf dem Bürgersteig lag. Dieser schlug mit einem hellen Ton an einem Splitterschutz an, der ein Kellerfenster grau verdeckte. "Also ich sollte befragen. Wer wann wo war und was mitbekommen hat. Sonst nichts. Das hatte man mir so aufgetragen."
"Schon. Aber Sie fragen nie nach. Da steht nie drin, welche Verbindungen die Leute zueinander haben. Sie beschränken sich auf die Tat und auf die Umstände an den möglichen Tattagen. Wie soll man da arbeiten? Die Niederschriften sind so genau genommen sinnlos, wenn da nicht einer gesteht. Hat das etwa jemand?" Scheuerleins Stimme nahm an Schärfe zu.
König verlangsamte seine Schritte, blieb stehen und wandte sein Gesicht Scheuerlein zu.
"Ich hab' nur gemacht, was mir aufgetragen worden ist. Gerade so sollte ich das machen. Ich bin doch kein Kriminaler! Da gab's vorher eine Einweisung und daran hatte ich mich zu halten, das war Befehl!"
"Wer hat denn den gegeben, wissen Sie das noch?"
Für einen Moment konnte Scheuerlein in dem Mienenspiel Königs lesen. Es zeigte Widerwillen.
"Daran kann ich mich nicht erinnern. Tut mir leid. Ich weiß noch, daß da auch zwei von den Amis rumstanden, von den gelackten, kapiert haben die wie immer nichts. Und getan auch nicht. Da kann ich Ihnen kaum weiterhelfen. Was ich weiß, steht in den Protokollen. Die haben ja scheinbar Sie?"
"Mein Fall. Richtig, ja. Aber überlegen Sie nochmal."
Die Schlüsselfelder - Straße stadtauswärts rumpelte ein Planwagen, gezogen von zwei schlecht genährten blonden Kaltblütern, deren Mähne war ungekämmt, das Fell fleckig. Sie hatten nicht viel Mühe, ihre Fuhre schien leer zu sein. Scheuerlein sah dem Gespann nach, blieb kurz stehen, König tat es ihm gleich.
"Nein, da ist nichts mehr. Entschuldigen Sie! Übrigens, da vorne müßte ich dann rechts. Kann ich meine Streife weitermachen?"
"Kann sein, daß ich Sie noch einmal einbestellen muß. Das hören Sie dann von mir, dienstlich und schriftlich. Manchmal kommt die Erinnerung ja wieder, stimmt's?" König beschleunigte seine Schritte, entfernte sich ohne Gruß, auch wenn Scheuerlein die Richtung beibehielt. "Bis bald!" rief er ihm nach, gerade als der Schupo in die nächste Straße rechts einbog.
In der Mitte der Einmündung blieb Scheuerlein stehen, sah der dunklen Gestalt nach, die sich seitlich von der Sonne beschienen zwischen den Geröllhalden entfernte.

Ein Straßenschild war an seinem Masten übriggeblieben, schrieb in Fraktur "Lindenast - Straße". Mit dem Rot der spätnachmittäglichen Sonne strahlten die Kegel aus zerborstenen Ziegelsteinen, warfen ihre Farbe zurück auf das graue Basaltpflaster, färbten es an den höher liegenden Stellen leicht rosa, man konnte sehen, daß die scheinbar so gerade verlegten Steine eher Wellen bildeten. Scheuerlein stand mitten in der Kreuzung und blickte sich um, drehte sich weg und in die Löblein - Straße.


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